Bei “Waka-Waka” tobt der Saal
Tormenta Jobartehs Auftritt in der Kulturvilla. Mettmann: Ein erfrischend gemischtes Publikum mit Kindern, jungen Erwachsenen bis hin zu Senioren füllt am Samstag die Kulturvilla (München):
Dagmar Grotendorst begrüßt das Publikum als Veranstalterin, indem sie ihnen die Begleiter des Abends vorstellt, nämlich “Ur-Hirsch-Horst” und “Dicke Lippe”, die die Bühne einrahmen. Bei beiden handelt es sich um imposante Natur-Skulpturen. Sie wurden vom Nord-Eifeler Künstler, Peter Sokol, kreiert; wie alle anderen, die im Kaminzimmer ein einwöchiges Ausstellungs-Zuhause gefunden haben.
Tormenta Jobarteh tritt, eingehüllt in einen blauen “BuBu” (afrikanisches Gewand), auf die Bühne. Ein technisches Problem gönnt dem Publikum eine unpluggend-Vorstellung, die besonders gut ankommt. Schnell zieht er die Zuhörer in seinen Bann, die mit einem “jooo” oder “ah” in die erzählten afrikanischen Geschichten eingebunden werden.
Der “weiße Griot” Jobarteh versteht sich als Erzähler, Musiker, Heiratsvermittler Streitschlichter und weiser Berater zugleich. Acht Jahre lang lernte der gebürtige Bayer im gambischen Boraba im intensiven Studium den Bau der Kora, die traditionelle Harfenlaute, sowie die Mandinka Sprache. Mit großen Gesten, ausdrucksvoller Mimik und durch den virtuosen Umgang mit der Kora, verwandelt er mit seinen Geschichten den Saal in einen afrikanischen Marktplatz. Es entstehen Bilder der typischen Gerüche, Farben und Rhythmen und lässt vergessen, dass alles in Mettmann stattfindet.
Die Markthändler in Gambia verkaufen beispielsweise Hühnchen für 1000 Dalasi. Warum ist dies denn so teuer? Oh — das Hühnchen kann sprechen. Ein weiterer Händler verfolgt das Geschehen und bietet seinen Truthahn zum Verkauf an. Dieser kostet sogar 2000 Dalasi. Was kann denn dieser Truthahn? Er kann zuhören.
Aus Ghana stammt eine seiner mythischen Geschichten, die von Anansie, einer klugen Spinne erzählt. Anansi teilt seinen letzten Wunsch der Familie mit. Er möchte, falls er sterben sollte, mit einem Ofen, Topf und Oel in einem Loch auf seinem Yams-Feld begraben werden. Gesagt, getan. Der tot geglaubte Anansie schleicht nachts aus seinem Grab, sammelte Yams-Wurzeln und bereitete diese zu einem köstlichen Mahl zu. Das Fehlen der nahrhaften Wurzeln macht seine Frau stutzig. Sie stellt eine Vogelscheuche auf und bestreicht diese mit Honig. Anansi wundert sich am nächsten Tag, was da denn auf dem Feld steht, erklimmt es und ist damit seiner Frau auf den Leim gegangen. Er wird entdeckt und befreit. Aber Anansie schämt sich ganz fürchterlich, da seine List, mit der er den Feldarbeiten aus dem Wege gehen wollte, aufgedeckt wurde. Und seitdem findet man bis heute alle Spinnen in Ecken; sämtliche Generationen schämen sich immer noch.
Richtig laut und turbulent wird es, als Jobarteh mit dem Lied “Waka” durch den Raum läuft. Er begleitet sich mit einer Talking-Drum und verwandelt den Konzertsaal in einen bebenden Marktplatz und durch das Zusammenspiel mit den rhythmisch, klatschenden Zuhörern wird jetzt der Höhepunkt des frühen Abends erreicht. Dabei lässt er das Publikum wissen, dass das Lied lange vor Shakira 1986 in Kamerun von der Gruppe “Golden Sounds” gesungen wurde.
Der begnadete Erzähler erhält für seine lebendige, ausdrucksstarke und mitreißende Erzählkunst seinen verdienten, tosenden Beifall. Das verzauberte Publikum verläst mit einem Lächeln auf den Lippen und in einem rhythmischen Gang die Kulturvilla.