GAMBIA — Tormenta Jobarteh im Interview — Teil 2
Çiğdem Gül: Im westafrikanischen Land Gambia war Yahya Jammeh von 1996 bis Mitte Januar 2017 Staatspräsident. In seiner 22-jährigen Diktatur warst du auch als Opfer betroffen. Kannst Du uns bitte mehr darüber erzählen?
Tormenta Jobarteh: Der Diktator Yahya Jammeh hat über 20 Jahre das Land Gambia terrorisiert. Unter diesem Regime wurden viele Menschen zum Opfer. Journalisten, die sich trauten, die regime-konträren und wahren Geschehnisse zu verfassen und zu veröffentlichen, wurden in Gefängnissen eingesperrt oder getötet. Politische Gefangene verurteilte der Diktator Yahya Jammeh gnadenlos zum Tod. Mein Haus, das ich über einen Zeitraum von 6 (!) Jahren selbst gebaut hatte, wurde mir weggenommen. Der Diktator hatte sich das Landstück für sich selbst ausgesucht und eine Nachricht am Haus hinterlassen, dass ich binnen drei Tagen ausgezogen sein muss, da der ganze Landstrich nun für den Präsidenten reserviert sei. Drei Tage später waren die Bulldozer gekommen und hatten alles zerstört.
Das war einer der großen Katastrophen in meinem Leben.
Ein Jahr später wurde er unter dem Druck der afrikanischen UN abgewählt und musste Gambia verlassen. Für mich leider ein Jahr zu spät.
Çiğdem Gül: Das ist ja h_e_f_t_i_g !!!
Das muss eine sehr schwere Zeit für dich gewesen sein.
Umso mehr freue ich mich, dass du diese schreckliche Zeit – auch mit der Unterstützung deiner großen Familie in Gambia – überwunden hast und heute wieder strahlen kannst.
Darf ich fragen, wie es zu der Gründung deiner Band „Jobarteh Kunda“ kam?
Im Jahr 1995 wurden wir von italienischen Touristen eingeladen, in Italien eine kleine Tour zu spielen. Als wir nach Deutschland kamen, hatten wir Musiker aus der Karibik und Guinea kennengelernt, und es hatte einfach zu der Zeit alles gepasst, und die Band ‘Jobarteh Kunda´ wurde 1995 geboren. Sehr schnell wurden wir eine Einheit und hatten unseren ersten Plattenvertrag bekommen und unsere erste CD Abaraka aufgenommen. Zur gleichen Zeit fing ich auch an, meine Kinderprogramme mit Geschichten erzählen und Musik in den Schulen aufzubauen.
Nun 25 Jahre später blicke ich zurück und bin sehr glücklich, eine tolle Karriere bis heute gehabt zu haben. Bisher habe ich 10 Records aufgenommen und ein Buch veröffentlicht. Mit Ausnahme von Australien, hatte ich auf allen Kontinenten auf Konzerten gespielt. Highlights waren auch u. a mit Miriam Makeba und vielen andern berühmten Musikern die Bühne geteilt zu haben. Auch einige Auszeichnungen haben mir geschmeichelt. Die Liste der Erlebnisse ist zu lang, um alles aufzuführen… und ich bin sehr dankbar für alles Erlebte. Im Moment sind wir wieder unterwegs, um unsere Neue CD Teriya (Freundschaft) zu promoten.
Çiğdem Gül: Ich lebe seit meiner Kindheit als Migrantin mit muslimischem Hintergrund in einem mehrheitlich christlichen Deutschland. Tormenta, du hast als Christ 25 Jahre lang in einem afrikanisch-muslimischen Land Gambia gelebt. Also die umgekehrte Situation. Integrationsdebatten bei afrikanischen Ureinwohnern, die dich adoptiert haben, spielten sicherlich keine Rolle. Umso besser muss es gewesen sein – so stelle ich mir das gerade vor -, wenn ohne Tamtam, ohne große Diskussionen und ohne Vorurteile die gelingende Integration einfach nur geschieht, weil beide Seiten sich als Mensch begegnen. Also „Von Fremdenfeindlichkeit keine Spur“, sagtest Du einmal. Erzähle uns bitte von deiner Integration und vom Verständnis über Integration der gambianischen Ureinwohner.
Tormenta Jobarteh: Die Menschen in Gambia sind sehr offen für alle, die in Ihr Land kommen. Um sich zu integrieren, muss man auf die Menschen zugehen. Und wenn man das mit dem Herzen macht, nehmen einen die Menschen in Gambia gerne auf, weil dort die Gastfreundschaft wie in vielen muslimischen Ländern sehr wichtig ist. Ich persönlich habe in Gambia nie Fremdenfeindlichkeit erlebt. Die Menschen sind mir immer offen begegnet und haben mich mit Respekt behandelt.
Ich fühle mich in erster Linie als Griot, der einer afrikanischen Tradition angehört. Ich bin sozusagen ein bayerischer Afrikaner. 🙂 In meiner Karriere habe ich gelernt, meinen eigenen Weg zu gehen, egal wie andere mich sehen oder mich sehen wollen. Ich bin der, der ich bin.
Das vollständige Interview mit Bildern können Sie im PDF oder unter den folgenden Link lesen:
www.interkulturellhochbegabte.de — Online Portal
oder im PDF — “GAMBIA/ Tormenta Jobarteh im Interview — Teil 2”
Foto WP-Beitragsbild: André Sieber für Tormenta Jobarteh